Hilfe, mein Kind will nicht schlafen!
Unzählige Male hintereinander „Schlaf Kindlein schlaf“ gesungen, stapelweise Ratgeber-Literatur gewälzt, die wohlgemeinten Ratschläge von Verwandten und Freunden befolgt – aber das Kind will einfach nicht einschlafen. Und kaum ist es eingeschlafen, wacht es auch schon wieder auf.
Das Thema Schlafen ist bei vielen Eltern ein leidiges Dauerthema, das nicht wenige Familien sogar an die Grenzen der Belastbarkeit bringt.
Dr. med. Margret Ziegler, Oberärztin und Leiterin der Münchner Schreibabyambulanz im kbo-Kinderzentrum München, hat ein paar hilfreiche Tipps für leidgeplagte Eltern:
Tipp 1. Viele Kinder brauchen oft weniger Schlaf als gedacht. Als ersten Schritt sollten Eltern also den individuellen Schlafbedarf ihres Babys herausfinden. „12 Monate alte Babys zum Beispiel brauchen zwischen 12 und 17 Stunden Schlaf, den Mittagsschlaf mit eingerechnet“, so Dr. Ziegler. Der Schlafbedarf ist zudem in jeder Altersstufe unterschiedlich. „Ein individuelles Schlaftagebuch kann hier helfen. Vergleiche mit anderen Kindern dagegen sind weniger hilfreich.“
Tipp 2. „Oftmals sind die Ziele zu hoch gesteckt, denn es ist völlig normal, dass Kinder nachts aufwachen. Auch wir Erwachsenen wachen nachts immer wieder kurz auf, erinnern uns am nächsten Morgen aber oft nicht daran.“ Zum Problem und Stressfaktor wird das nächtliche Aufwachen erst dann, wenn die Kinder ohne die Hilfe der Eltern nicht selbst wieder in den Schlaf zurückfinden. Deswegen sollten Kinder idealerweise früh lernen, ohne ständiges Beisein der Eltern alleine einzuschlafen. „Eine Änderung der Einschlafsituation geht natürlich nicht von heute auf morgen und muss in kleinen Schritten und für alle Beteiligten so gestaltet werden, dass das Kind am Ende des Prozesses stressfrei alleine einschlafen kann.“
Tipp 3. Jedes Kind ist anders. Was für das eine Kind funktioniert, funktioniert beim anderen Kind nicht so gut. „Gerade beim Alleine-Einschlafen und den damit verbundenen Problemen (z.B. Kind weint beim Verlassen des Raumes) gibt es eine extrem große Verunsicherung bei den Eltern, vor allem auch bedingt durch verschiedene Ratgeber, die sehr strikte Verhaltensanweisungen geben. Dabei sind Ratgeber immer sehr allgemein gehalten und bilden nie das individuelle Kind ab.“ Wichtig ist daher herauszufinden, was dem eigenen Kind guttut und was für die Familie funktioniert.
Tipp 4. Ein strukturierter Tagesablauf mit festen Zeiten für Mittagsschlaf und abendlicher Zu-Bett-Gehzeit kann ebenfalls dazu beitragen, das Thema Schlafen zu entspannen. „Oftmals haben die Kinder keinen festen Rhythmus, dürfen abends zu lange aufbleiben und sind dann am nächsten Tag dementsprechend müde und gereizt.“ Wichtig ist hier, Grenzen zu setzen, konsequent auf feste Schlafenszeiten zu bestehen und diese mit festen Ritualen zu begleiten (z.B. eine Geschichte vorlesen, ein Lied vorsingen, gemeinsam den Tag zu verabschieden...)
Tipp 5. Änderungen an den (Ein-)Schlafritualen sollten am besten in einer entspannten Situation (z.B. im Urlaub) und ohne Druck von außen (z.B. gutgemeinte Ratschlägen von Freunden und Verwandten) angegangen und dann aber konsequent umgesetzt werden. „Das Sicherheitsgefühl der Kinder kann enorm leiden, wenn ein Schlaftraining über einen langen Zeitraum immer wieder halbherzig begonnen und dann wieder abgebrochen wird. Wichtig ist, dass die Eltern ihrem Kind ein Gefühl der Sicherheit vermitteln und dabei in ihrem Handeln konsequent bleiben.“
Tipp 6. Wenn die Familie merkt, dass sie ihre Belastungsgrenze erreicht hat, die Eltern erschöpft oder emotional überfordert sind oder Paarkonflikte dazukommen: sich nicht scheuen, professionelleHilfe in Anspruch zu nehmen. Für akute Fälle steht das Krisentelefon des kbo-Kinderzentrums München freitags, samstags und sonntags von 19 bis 22 Uhr unter der Telefonnummer 0800 71 009 00 kostenfrei zur Verfügung.
Außerdem kann extrem belasteten Familien im kbo-Kinderzentrum München ambulant und stationär geholfen werden und gemeinsam mit einem interdisziplinären Team bestehend aus Ärzt*innen, Psycholog*innen und Therapeut*innen an einer Verbesserung der Schlafsituation gearbeitet werden.