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Schlaganfall bei Kindern – was nun?

Am 10. Mai ist „Tag gegen den Schlaganfall“. Aus diesem Grund  haben wir uns mit unserer Physiotherapeutin und Leiterin der Therapieabteilungen, Martina Harmening, unterhalten und einen Einblick in die wertvolle Arbeit der Physiotherapie im kbo-Kinderzentrum München bekommen.

 

Frau Harmening, im kbo-Kinderzentrum München werden unter anderem auch kleine Patient*innen mit Schlaganfall oder Hirnschädigungen, die sich hinsichtlich der Auswirkungen der Mehrfachbehinderung ähnlich zeigen, behandelt. Welchen besonderen Beitrag kann hier die Physiotherapie des „KIZ“ leisten?

 

Die Diagnose Schlaganfall bei den kleinen Patient*innen nach der Geburt ist erst mal ein Schock für die Eltern, da diese zu einer Halbseitenlähmung führt. Im kbo-Kinderzentrum München können wir uns Zeit nehmen für diese Familien. Wir, das sind Arzt, Psychologe und Therapeut, schauen uns ganz genau die Möglichkeiten an, wie wir die Patient*innen, den Vater und die Mutter unterstützen und begleiten können auf den Weg bis in das Erwachsenenalter. Bei uns lernen die Eltern mit der Problematik umzugehen, was sie selber machen können, um die Entwicklung ihres Kindes zu fördern. Gleichzeitig erkennen sie mit der Zeit, dass die Kinder mit so einer Diagnose im Alltag gut zurechtkommen können.

 

Wann sollte mit einer Physiotherapie bei einer Hirnschädigung begonnen werden?

 

So früh wie möglich. Die Frühbehandlung verhindert, dass sich die Bewegungsmuster einer Halbseitenlähmung (unilateralen Cerebralparese/ Hemiparese) manifestieren. Die Gelenke und der Körper bleiben beweglich und der Säugling nutzt mehr seine betroffene Seite. Leider dauert es manchmal lange bis die Diagnose geklärt ist. Oft sieht man nur eine Seitenbetonung des Kindes, eine sogenannte Lieblingsseite. Im kbo-Kinderzentrum kann man über die Neurokinesiologische Diagnostik schnell erkennen, ob es sich um eine Haltungsasymmetrie handelt oder doch um eine zentrale Problematik. Letztendlich wird die Diagnose über ein MRT des Gehirns gesichert.

 

Was war Ihr bisheriges persönliches Highlight bei der Arbeit mit den kleinen Patient*innen mit Hirnschädigungen und deren Eltern?

 

Persönlich habe ich viele Highlights erlebt innerhalb der mehr als dreißig Jahren im kbo-Kinderzentrum. Für mich ist es immer erstaunlich, dass die Kinder mit einem Handicap so selbstbewusst durchs Leben gehen  - natürlich mit vielen Ups and Downs. Bei einem stationären Therapieblock Hand Intensiv Therapie (HIT) für Patienten mit einer unilateralen Cerebralparese kamen fünf Jugendliche zusammen. Es war toll zu sehen, wie die fünf sich verstanden und Freundschaften entwickelten. Die Probleme, Ängste und Möglichkeiten im Alltag, in der Schule und mit Freunden waren ähnlich. In einem interdisziplinären Therapieangebot (Ergo-, Physio-, Musiktherapie und Psychologie) konnten wir diesen Jugendlichen sehr viel Selbstbewusstsein mitgeben. Jede/r arbeitete täglich sehr intensiv an seinem/ihrem Problem der Handmotorik, um das selbstgesetzte Ziel zu erreichen. Es war eine tolle, sehr positive Dynamik in der Gruppe, die uns Therapeut*innen sehr beeindruckte. Wir bieten diese „HIT“ Gruppen in jedem Alter an.

 

Auf der Homepage des kbo-Kinderzentrums kann man bereits bestaunen, wie die Zukunft der Räumlichkeiten aussehen wird – der Anbau ist in vollem Gange und das „KIZ“ wird sich deutlich vergrößern. Welche Chancen entstehen hierdurch für die Behandlung der Patient*innen mit Mehrfachbehinderungen und deren Eltern?

 

Wir setzen heute schon bei Kindern ab dem Vorschulalter eine robotergestützte Therapie wie den Gangroboter, Handrobotik und das sEMG Biofeedback ein. Die Räumlichkeiten sind zurzeit sehr beengt. Der stationäre Bereich umfasst aktuell 45 Betten und wird auf 65 Betten plus einer sozialpädiatrischen Tagesklinik erweitert. In der Gestaltung der Zimmer mit Bädern werden Mitarbeiter, Eltern und Patient*innen einbezogen. Es ist sehr wichtig, dass sich die Familien im kbo Kinderzentrum wohl fühlen während der stationären Behandlung. Sie brauchen einen erholsamen Ort, wo man sich zurückziehen kann zwischen den täglichen Therapien, die für die kleinen Patient*innen und den Eltern fordernd sind.