Interview Friederike Eibach
kbo-Kinderzentrum München: Welche Krankheit hat Estha?
Friederike Eibach: Estha hat das Pitt-Hopkins-Syndrom, einen sehr seltenen Gendefekt. Wir haben uns österreich-, deutschland- und schweizweit zu einer Community zusammengeschlossen. Schätzungsweise sind wir aktuell bei knapp 950 Kindern mit diesem Syndrom.
kbo-Kinderzentrum München:Wie wurde die Krankheit diagnostiziert?
FE: Es war tatsächlich sehr schwierig, da dieser Gendefekt zwar 1978 schon mal beschrieben, allerdings erst 2007 wissenschaftlich nachgewiesen wurde.
Estha ist 2008 auf die Welt gekommen. Bei ihr bestand lange der Verdacht auf das Angelman-Syndrom, da die Kinder eine sehr ähnliche Symptomatik aufweisen: Sie sind unheimlich fröhliche Kinder, haben einen Kussmund, hochgezogene Oberlippe, eine breite Nasenwurzel, sie schielen und können nicht laufen. Ein Unterschied zum Angela Syndrom ist, dass immer eine Epilepsie vorhanden ist. Estha hat keine Epilepsie, allerdings besteht bei ihr eine Krampfbereitschaft. Sie konnte erst mit siebeneinhalb Jahren laufen bzw. hat zumindest angefangen zu laufen. Die Kommunikation verläuft meist nonverbal, es gibt aber mittlerweile auch Pitt-Hopkins-Kinder, die sprechen können. Daher war es einfach sehr schwierig, die Diagnose zu stellen. Der Weg bis zur Diagnose hat uns bis in die USA geführt. Schlussendlich haben wir die Diagnose Pitt-Hopkins-Syndrom erhalten, als Estha fünfeinhalb Jahre alt war.
kbo-Kinderzentrum München:Seit wann und wie oft sind Sie mit Estha bei uns im kbo-Kinderzentrum in Behandlung?
FE: Seitdem Estha sechs ist, sind wir zwei- bis dreimal im Jahr im kbo-Kinderzentrum in Behandlung.
kbo-Kinderzentrum München:Welche Fortschritte hat Estha bereits gemacht?
Ein besonderer Fortschritt ist der Augenkontakt mit dem sie uns klar macht „Hey, ich will“ oder wenn sie einen an die Hand nimmt und damit sagt „Hey, ich bin auch da“. Sie zeigt uns auch ganz klar, wenn sie jemanden mag oder nicht mag. All das hat sie früher nie gemacht. Sie liebt Fahrradfahren auf ihrem Therapie-Dreirad, oder wenn man mit ihr spazieren geht. Wir haben immer einen Buggy dabei, weil wir nicht wissen, ob sie nach 150 Metern oder vielleicht auch schon nach 50 Metern nicht mehr kann. Aber klar ist, sie liebt das Leben. Besonders das Wasser. Estha ist ein absolutes Wasserkind. Schwimmen geht immer. Und deswegen müssen wir auch in unseren Urlauben tatsächlich immer ans Meer fahren, wo wir baden können.
kbo-Kinderzentrum München: Gibt es eine Therapie, die Estha besonders gut gefällt hier im kbo-Kinderzentrum?
FE: Ja, das ist die Physiotherapie auf dem Laufband und natürlich die Musiktherapie. Da geht sie richtig auf, besonders beim Klavierspielen. Was uns besonders gut am kbo-Kinderzentrum gefällt, ist dass alle Therapeuten auf unsere Kinder eingehen. Egal in welche Therapie Estha geht: Sie kommt immer mit einem breiten Grinsen raus und fühlt sich wohl. Für uns Eltern ist der Austausch untereinander, von dem wir alle profitieren, enorm wichtig und dass wir mit all unseren Fragen, Ängsten und Sorgen von allen im kbo-Kinderzentrum ernst genommen werden.
kbo-Kinderzentrum München: Wie hat Estha auf den Neubau reagiert?
FE: Sehr gut. Wenn wir in den Altbau reingekommen sind, hat sie immer geschrien. Jetzt sind wir hier reingekommen und sie hat gelacht und war fröhlich – Das ist für mich sehr wichtig.
Auch ich als Mutter fühle mich richtig wohl, da alles sehr hell und freundlich ist. Ich habe auch das Gefühl, dass sich die Mitarbeitenden sehr wohl fühlen.
kbo-Kinderzentrum München: Vielen Dank für das Gespräch und Ihnen und Estha weiterhin alles Gute!