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Was tun gegen Albträume?

Ein grusliges Monster, eine wilde Verfolgungsjagd oder eine bedrohliche Situation: Jeder Mensch kennt Albträume. Mit Psychologe Dr. Janos Frisch arbeitet ein echter „Albtraum-Experte“ im kbo-Kinderzentrum. Im Interview verrät er, warum Kinder Albträume haben, in welchem Alter Albträume besonders häufig vorkommen und wie man schlechte Träume austricksen kann.

Was sind eigentlich Albträume?
Dr. Frisch: Albträume sind eine Unterart der Träume, die mit schlechten Gefühlen verbunden sind. Oft geht es um Ängste oder Bedrohungen, die sich ganz real anfühlen und die ganz intensiv erlebt werden.
Aus wissenschaftlicher Sicht haben Träume und Albträume viel mit der „Schlafarchitektur“ zu tun.  Träume kommen meist in der REM-Phase vor. REM steht für Rapid-Eye-Movement und zeigt sich an schnellen Augenbewegungen im Schlaf. In Studien kam heraus, dass Probanden, die im REM-Schlaf geweckt worden sind, viel häufiger geträumt haben.

Ist es normal, Albträume zu haben und warum haben wir Albträume?
Dr. Frisch: Auch wenn es sich komisch anhört: Ja, es ist ganz normal, hin und wieder Albträume zu haben. Sie gehören sogar zu einer gesunden emotionalen Entwicklung dazu.
In der Forschung gibt es viele Theorien zum Sinn von Albträumen. Die Kontinuitätshypothese zum Beispiel besagt, dass sich in Albträumen die oftmals bedrohlichen Erfahrungen aus dem Alltag widerspiegeln. Die Mastery-Hypothese wiederum geht davon aus, dass wir träumen, um im Traum Lösungen für Probleme zu finden.

Gibt es besondere Phasen in der kindlichen Entwicklung, in denen Albträume besonders häufig und intensiv auftreten?
Dr. Frisch: Im Alter von etwa drei bis fünf Jahren haben viele Kinder eine sogenannte „magische Phase“, bei der sich oft die Realität mit der Fantasie vermischt. In der Zeit kommen immer mehr gruselige Albträume auf. In der Zeit vom Schuleintritt bis ca. zum 10. Lebensjahr treten am häufigsten Albträume auf.
Aber auch in Lebensphasen, in denen besonders viel passiert, z.B. wenn der Kindergarten oder die Schule beginnt, ein Familienmitglied stirbt oder ein Umzug ansteht, wird die neue Situation nachts oft in Träumen verarbeitet.   
Während kleinere Kinder besonders „magisch“, also z.B. von Monstern oder Hexen träumen, träumen größere Kinder oft von Naturkatastrophen oder bedrohlichen Situationen zum Beispiel einer schlechten Note in der Schule. Im Jugendalter flacht die Albtraum-Kurve dann meist wieder ab.

Man hört immer wieder vom sogenannten „Nachtschreck“. Was versteht man darunter?
Dr. Frisch: Beim Nachschreck handelt es sich um eine Schlafstörung, die oft mit Albträumen verwechselt wird und bei etwa 20% der Kinder im Alter von drei bis sieben Jahren vorkommt. Während Albträume meist in der zweiten Nachthälfte vorkommen, tritt der Nachschreck typischerweise 15-60 Minuten nach dem Einschlafen auf. Das Kind ist meist nicht ansprechbar und orientierungslos, oft wird es gar nicht richtig wach und kann sich am nächsten Tag meist nicht erinnern. Auch wenn der Nachschreck besonders den Eltern oft große Angst einjagt, ist er in den meisten Fällen harmlos und verschwindet meistens ohne Behandlung wieder.  

Was können Eltern bei Albträumen konkret tun?
Dr. Frisch: Ganz wichtig: Das Kind ernst nehmen und den Traum nicht als Bagatelle abtun. Das Monster unter dem Bett ist in dem Augenblick für das Kinder ganz real. In der akuten Situation direkt nach dem Aufwachen können Sie am besten für Ihr Kind da sein, indem sie es trösten und beruhigen. Im konkreten Fall könnte es zum Beispiel helfen, gemeinsam nachzuschauen, ob da wirklich ein Monster unter dem Bett sitzt.
Am nächsten Tag könnten Sie darüber hinaus Ihr Kind ermuntern, über den Traum zu sprechen oder die Traum-Situation am nächsten Tag zu malen. Eine besondere Methode ist es auch, den Albtraum positiv zu beeinflussen, also sich für den Albtraum eine andere Handlung oder ein Happy End zu überlegen. Diese Methode nennt sich „Imagery Rehearsal Therapy“ und wurde ursprünglich für Erwachsene mit posttraumatischen Belastungsstörungen entwickelt.   

Ab wann muss man sich bei Albträumen Sorgen machen oder Unterstützung holen?
Dr. Frisch: Gelegentliche Albträume sind bei Kindern (und auch Erwachsenen) normal und Teil der emotionalen Entwicklung. Wenn Albträume allerdings regelmäßig über mehrere Monate hinweg vorkommen und dazu das Kind verändert ist, z.B. Angst davor hat, ins Bett zu gehen oder launisch und antriebslos ist, sollte das von einem Kinderarzt oder Kinderpsychologen abgeklärt werden, um eine Entwicklungsstörung oder seelische Erkrankung auszuschließen.

 

 

Literaturtipp:
Albträume austricksen – Ein Mitmachbuch gegen schlechte Träume.
Von Janos Frisch und Jeannine Wolf (Hogrefe Verlag)